Ich musste über Zoes direkte Frage schmunzeln.

"Mein richtiger Name ist Marvin, aber so nennt mich tatsächlich niemand. 'Mouth' kommt von... sagen wir, der Name kommt daher, weil ich so gut reden kann, wenn ich ein Mikrofon vormir stehen habe. Deshalb bin ich jetzt auch hier, ich wollte Lukas interviewen und der Inhaberin helfen bei dem Konzert, dass sie gleich hier veranstaltet." Ich sah in die Ecke, wo eine Band begann, ihre Instrumente aufzubauen. "Ich hoffe, Lucas kommt bald wieder, damit ich ihn befragen kann. Ich betreibe hier ein ganz kleines Webradio."

Neugierig fuhr ich fort: "Und 'Zoe'? Das ist ja auch kein ganz häufiger Name. Weißt du, wie deine Eltern auf deinen Namen gekommen sind?"

von Haus Lindsey

Nachdem ich etwas durch die Stadt geschlendert war,entdeckte ich ein Cafe,das sehr gemütlich aussah.Mir war jetzt nach einem leckeren Cafe und so wie es aussah würde ich den hier bekommen.Ich entdeckte einen freien Tisch und stellte mich dort mit meinem frisch gekauften Milchkaffe hin.Während ich immer mal wieder einen kleinen Schluck davon nahm beobachtete ich neugierig die Menschen,die vorbeiliefen.

"Marvin!" Ich wiederholte den Namen und lächelte. "Das ist auch ein sehr schöner Name! Aber du wirst lieber Mouth genannt, nicht wahr? Ich darf dich doch duzen, oder?", fragte ich und schmunzelte, als er die Herkunft seines Namens beschrieb und schaute mich nach der Inhaberin des Cafés um, die er vorhin erwähnt hatte. "Du betreibst ein Webradio? Das ist ja echt cool! Stimmt, jetzt erinnere ich mich daran. Ich hab gehört, du hast auch schon früher die Basketballspiele an euer Highschool moderiert. Und nun hast du es zu deinem Beruf gemacht!", stellte ich fest und bewunderte diesen jungen Mann, der seinen Traum verwirklicht hatte.

"Den Namen hat meine Mutter mir gegeben. Ich glaube, ihre Mutter hieß auch so, aber ganz sicher bin ich mir da nicht. Ich hatte kaum Kontakt zu ihr. Mein Vater hat mich großgezogen!", fügte ich erklärend hinzu. "Und jetzt kann ich sie leider auch nicht mehr fragen..." Leicht betrübt blickte ich mich im Café um.

Mein Blick blieb bei Lindsey hängen und augenblicklich breitete sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. Wir hatten uns seit Tagen, vielleicht sogar Wochen nicht mehr gesehen. Obwohl wir im selben Haus wohnten, hatten wir uns kaum zu Gesicht bekommen. Ich lief auf sie zu und umarmte sie überschwänglich. "Lindsey!", rief ich fröhlich. "Wie schön, dass wir uns sehen! Du hast mir so schrecklich gefehlt in den letzten Tagen. Das müssen wir dringend ändern! Komm mit, ich stelle dir Marvin vor!" Ich zog Lindsey mit, ohne auf ihren verwirrten Gesichtsausdruck zu achten. "Lindsey? -Das ist Marvin, auch Mouth genannt. Oder kennt ihr euch etwa schon?", fragte ich und schaute zwischen den beiden hin- und her.

Als mich eine mir unbekannte hübsche,junge Frau umarmte,war ich etwas verdutzt und erwiderte einfach die Umarmung.Sie schien mich gut zu kennen und ich lächelte einfach.Allem Anschein nach schien sie nicht von meinem Gedächtnisverlust zu wissen und ich wusste immer nicht wie ich das sagen sollte.Ich verschob das einfach auf einen späteren Zeitpunkt."Ähm nicht das ich wüsste."sagte ich nur,als sie mir einen Mann vorstellte."Schön dich kennen zu lernen."fügte ich hinzu und hoffte,dass ich ihn wirklich erst kennen lernte.

Ich war verwirrt über Zoes Tempo und ihre souveräne Art. Ich dachte noch, dass ich auch gerne so wäre, aber leider war ich nur souverän, wenn ich in ein Mikrofon sprach.
Das erinnerte mich an meine Arbeit; ich blickte fragend zu Julia, die mich aber nicht bemerkte.

Ich sah Lindsey an. "Ich freue mich auch! Sag einfach 'Mouth' zu mir. Bist du etwa die Frau, die ihr Gedächtnis verloren hat? Lucas hat so etwas erzählt!"
Ich grinste verschmitzt: "So etwas kenne ich nur aus Büchern oder Filmen."
Im nächsten Moment wurde mir klar, dass es für Lindsey vielleicht nicht so lustig war, und ich schlug erschrocken die Augen nieder.

"Frau, die ihr Gedächtnis verloren hat?", wiederholte ich verwirrt und schaute fragend zu Lindsey. Da ich von ihr keine Antwort erhielt, blickte ich wieder zu Marvin. "Was meinst du damit? Lucas hat das erzählt? Bestimmt meinte er sein Buch, an dem er gerade schreibt... Lindsey ist doch seine Lektorin.", schlussfolgerte ich und lächelte. "Lucas schreibt einfach wunderschön, ich kann es kaum noch abwarten, endlich sein neustes Manuskript zu lesen!" Ich hatte mal wieder ununterbrochen geredet und die anderen nicht zu Wort kommen lassen. "Tut mir Leid! Manchmal rede und rede ich und nichts kann mich aufhalten! Das ist eine blöde Angewohnheit von mir.", fügte ich hinzu und lächelte entschuldigend.

Sowas verbreitete sich wohl schnell und Mouth hatte es mir wohl abgenommen der jungen Frau davon zu erzählen."Ja die bin ich.Ziemlich verrückt.Bin ich jetzt sowas wie ne Attraktion?"fragte ich und bemühte mich zu lächeln."Ja mir geht es ähnlich.Man sieht sowas in Filmen und denkt nicht daran,dass es einem selbst mal so gehen könnte."stimmte ich ihm zu und wandte mich an die Frau."Ich wünschte das wäre eine Geschichte,doch das ist mein Leben.Ich hatte einen Autounfall und habe körperlich keine Schäden davon getragen.Nur kann ich mich an die letzen Jahre nicht erinnerin.An die Dinge,die ich getan habe oder die Menschen,die ich getroffen habe.Es ist so als würde ich dich das erste Mal sehen."klärte ich sie auf.Ich wusste ja nicht in welchem Verhältnis wir standen.

Autounfall! Einige Bilder schießen durch meinen Kopf und ich nehme meine Umgebung nur noch verschwommen wahr. Ich sehe einen schwarzen Mercedes, der in rasender Geschwindigkeit auf mich zu kommt. Die Zeit scheint stehen zu bleiben, bis ich viele Meter nach vorne geschleudert werde und mir schwarz vor Augen wird. Um nicht umzufallen, muss ich mich am Tresen festhalten. Ich atmete tief ein und aus, bis ich wieder aufblicken kann. Sie hat überlebt! Lindsey hat überlebt! ,schießt es mir durch den Kopf. Ich kann mich gerade noch zusammenreißen, um ihr nicht um den Hals zu fallen. Sie kennt mich nicht, ich bin eine Fremde für sie. Es dauert ein wenig, bis ich das verdaut habe. Wie konnte es sein, dass meine erste und bisher auch einzige Freundin in Tree Hill einen Unfall hat und ich die Letzte bin, die davon erfährt. "Oh Lindsey!", sage ich mitfühlend, stehe unschlüssig vor ihr und weiß ausnahmsweise nicht, wie ich die Stille füllen soll.

Als sie sich an dem Tresen stütze sah ich sie besorgt an."Ist alles okay?"fragte ich vorsichtig und ging einen Schritt auf sie zu.Das schien sie ziemlich mitzunehmen."Mir geht es gut.Ich habe überlebt."sagte ich nocheinmal und umarmte sie einfach.Auch wenn ich keine Erinnerung an sie hatte,so hatte ich sofort gespürt,dass sie mir was bedeutet hat und von allen Menschen,denen ich davon erzählt habe,schien sie es am Meisten zu treffen.Ohne,dass ich etwas tun konnte kullerte mir eine Träne über die Wange.

"Ja, es geht schon!", sagte ich und erwiderte Lindseys Umarmung. Schnell wischte ich mir einige Tränen weg, doch als ich bemerkte, dass auch Lindsey Tränen in den Augen hatte, lächelte ich augenblicklich. "Es tut mir so Leid!", brachte ich hervor und drückte sie erneut an mich. "Wie kann das sein? Du erinnerst dich wirklich an nichts?", fragte ich sie fassungslos. "Was genau ist eigentlich passiert?"

"Das braucht dir nicht leid zu tun.Du kannst ja nichts dafür."erinnerte ich sie."Nein so ungefähr an die letzen 6 Jahre nicht.Hier laufen all die Menschen herum,die mich kennen und für mich sind das alles nur Fremde.Sie kennen all die Geschichten über mich,die ich nicht weiß.Und ich fühle mich so hilflos und weiß nicht wie ich damit umgehen soll."sagte ich völlig ratlos.Auch wenn ich so gerne einfach das hinter mir lassen und nach vorne blicken will,schaffe ich es einfach nicht.Ich stecke irgendwie fest und nichts geht voran."Ich bin mit dem Auto einkaufen gefahren,als mir jemand die Vorfahrt nahm und in die Fahrerseite meines Autos krachte.Als ich im Krankenhaus aufgewacht bin,konnte ich mich an nichts erinnern.Ich hatte ein paar Gespräche mit einem Therapeuten,der täglich mit Menschen wie mir zu tun hat und wurde dann relativ schnell entlassen.Dort aufzuwachen und rein gar nichts zu wissen.Gott das war das schlimmste Gefühl,das ich je hatte."erzählte ich ihr und bei dem Gedanken daran stiegen mir gleich wieder Tränen in die Augen.Für diesen kurzen Augenblick hatte ich mir gewünscht tot zu sein.

Ich begnügte mich zunächst damit, den beiden zuzuhören. Ich hatte fast ein schlechtes Gewissen, weil es in meinem Kopf zu arbeiten begann, wie ich die bemerkenswerte Geschichte, die Lindsey da erzählte, in meinem Webradio verarbeiten konnte.
Aber ich hielt mich zurück, weil ich das Gespräch der beiden Frauen nicht stören wollte. Lindsey schien ziemlich verzweifelt, das war deutlich zu spüren.

Mir entging nicht, dass Zoe eine sehr anteilnehmende Zuhörerin war. Sie hätte fast geweint, als sie Lindseys Geschichte hörte, und wirkte sehr verständnisvoll, fast zu verständnisvoll, fand ich.
So, als hätte sie es -- oder etwas ähnliches -- schon selber erlebt. Ich fragte mich, ob das so war.

"Weißt du, das alles hat auch seine gute Seiten! Natürlich ist es hart, seine Erinnerungen zu verlieren, aber jetzt kannst du neu anfangen. Du kannst die Menschen hier neu kennenlernen. Deine Freunde werden zum zweiten Mal Freunde. Und es sind nicht nur die schönen Erinnerungen weg, sondern auch die Schlechten!"
"Was ist denn das Letzte, woran du dich erinnern kannst?", tastete ich mich vorsichtig an das Thema heran. Als Lindsey mir von ihrem Unfall erzählte, kamen mir erneut vereinzelte Tränen. Ich drückte sie erneut an mich, bis mir einfiel, dass Marvin immer noch bei uns stand. Ich ließ Lindsey wieder los und drehte mich zu ihm um.

"Ja das mag sein.Es fällt mir nur schwer mich auf die guten Sachen zu konzentrieren.Und ich weiß nicht mal,wie ich weitermachen soll.Ich überlege nämlich vielleicht als was anderes zu arbeiten."erklärte ich.War ich noch glücklich mit meinem Job gewesen?"Daran erkennt man aber wer die wirklichen Freunde sind."fügte ich leicht lächelnd hinzu."Ich habe da noch in New York gelebt und hatte einen anstrengenden Arbeitstag.Ich wusste auf jeden fall noch nichts von Tree Hill oder Lucas."beantwortete ich ihre Frage und wandte mich dann auch an Mouth.Ihn hatte ich ganz vergessen."Es tut mir leid,dass ich dich so aus dem Gespräch ausgeschlossen habe."

"Ooohhh!", rief ich erfreut über die Beachtung der beiden aus. "Ich höre euch gerne zu, das ist sehr interessant. Und es tut mir leid für dich, Lindsey, was du erleben musstest."
Ich reichte Zoe ein Taschentuch, immer noch irritiert, dass sie eines brauchte und nicht das Unfallopfer Lindsey.

"Aber wisst ihr was? Ich würde dich gerne im Radio vorstellen, Lindsey, und einen Aufruf starten. Wir richten eine E-Mail-Adresse ein, und alle, die etwas über dich wissen, sollen es dorthin schicken." Ich lachte sie aufmunternd an: "Dann sammeln wir Wissen über deine Vergangenheit. Du kannst dann damit machen, was du möchtest, kannst es alles aufheben oder auch Dinge wegwerfen, die du nicht mehr haben möchtest... Zoe hat schon recht. Das ist auch eine Chance!"

Ich sponn den Gedanken weiter: "Vielleicht hast du irgendwann Kinder. Denen müsstest du jetzt sagen, dass du nichts über dein Leben vor dem Unfall weißt, nichts über deine Jugend! Mit den E-Mails gäbe es etwas, das kannst du ihnen zu lesen geben..."
Mir fiel etwas ein: "Ich würde das aber nur machen, wenn ich dich in guter Betreuung weiß, durch einen Therapeuten oder etwas ähnliches. Oder wenigstens durch einen guten Freund."